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Zivilprozess § Voraussetzungen, Ablauf & Kosten

Ein Zivilprozess kann angestrengt werden, um vor Gericht eine Lösung für privatrechtliche Streitigkeiten zu erreichen. In Zusammenhang mit dem Vertragsrecht zielt ein Zivilprozess meist darauf ab, bestimmte vertraglich vereinbarte Ansprüche wie zum Beispiel Ansprüche auf Geldzahlungen durchzusetzen. Der folgende Artikel liefert Ihnen einen Überblick über das Zivilprozessrecht. Sie erfahren mitunter, welche Kosten für einen Zivilprozess anfallen können, wie dieser abläuft und wann dieser insbesondere bei vertragsrechtlichen Streitigkeiten üblich ist.

Inhaltsverzeichnis

Grundlegendes zum vertragsrechtlichen Zivilprozess

Der Vertrag ist die verbindliche Basis, die bestimmte Rechte und Pflichten für die Parteien festlegt und durchsetzbar macht. Kommt eine der Parteien ihren Pflichten nicht nach bzw. bleiben vertragliche Vereinbarungen unerfüllt, kann es notwendig sein, die dort begründeten Ansprüche auf dem Gerichtsweg durchzusetzen. Privatrechtliche Auseinandersetzungen werden generell durch den sogenannten Zivilprozess entschieden – so auch diejenigen Angelegenheiten, die Verträge als Grundlage haben und daher im Speziellen dem Vertragsrecht zuzuordnen sind. 

Vertragsrechtliche Streitigkeiten im Zivilprozess können nicht nur auf die Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen abzielen, sondern auch der Feststellung von Rechtsverhältnissen dienen. Ein Zivilprozess im Zusammenhang mit dem Vertragsrecht kann angestrengt werden, um:

  • vertragliche Ansprüche durchzusetzen
  • den Vertragsinhalt zu ermitteln („Auslegungsstreit“ mit allfälliger Anpassung oder Ergänzung des Vertrags)
  • den Vertrag oder einzelne Vertragsinhalte anzufechten

Voraussetzungen für einen Zivilprozess

Generell müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Zivilprozess durchgeführt werden kann. Nachdem die Klage eingereicht wurde, prüft das Gericht von Amts wegen, ob alle Voraussetzungen gegeben sind. Sind nicht alle Voraussetzungen erfüllt, wird vom Gericht nicht auf die Klage eingetreten. Die Klage kann dann erneut eingereicht werden, sobald die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind. Handelte es sich lediglich um formelle Mängel wie zum Beispiel das Fehlen einer Unterschrift, setzt das Gericht eine Frist zur Nachbesserung an. Bei fristgerechter Nachbesserung nimmt sich das Gericht dem Fall an, ohne dass erneut Klage eingebracht werden muss.

Die Voraussetzungen müssen auch während des Prozesses erfüllt sein. Andernfalls kann das Gericht auch nachträglich entscheiden, die Klage nicht zu behandeln. Sollte die Klagebewilligung bereits verfallen sein, muss der Kläger dann unter Umständen erneut ein Schlichtungsverfahren durchführen. Im schlimmsten Fall sind die Rechtsansprüche infolge der Verzögerung bereits verwirkt. Für einen Zivilprozess sind folgende Voraussetzungen zu beachten:

  • es wurde ein Schlichtungsverfahren durchlaufen
  • die Klage wurde fristgerecht eingebracht
  • das Gericht ist örtlich und sachlich zuständig
  • die Klage ist vollständig
  • für den Kläger besteht ein Rechtsschutzinteresse
  • Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Vertretungsbefugnis
  • keine vorbestehende Rechtshängigkeit
  • keine abgeurteilte Sache („res iudicata“)

Antragstellung zur Einleitung eines Zivilprozesses

Alternativ zum Zivilprozess kann auch durch ein Schlichtungsverfahren oder eine Mediation eine Lösung für die Vertragsparteien herbeigeführt werden. Ein Schlichtungsverfahren ist (bis auf einige Ausnahmen) verpflichtend vorgesehen. Konnte auf dem Wege des Schlichtungsverfahrens keine Einigung zwischen den Parteien herbeigeführt werden, wird dem Kläger eine Klagebewilligung erteilt. Die Klageschrift ist dann zusammen mit der Klagebewilligung beim zuständigen Gericht einzureichen. Dabei sind unbedingt die hierfür vorgegebenen Fristen zu beachten. Um einen Zivilprozess in die Wege zu leiten, ist folgendermassen vorzugehen:

Schlichtungsgesuch

Stellen eines Schlichtungsgesuchs bei der kantonalen Schlichtungsbehörde mit Angaben zu den Parteien samt Wohnsitz bzw. Geschäftssitz, Nennung des Rechtsbegehrens (also der Forderung des Klägers) und Streitgegenstands (zum Beispiel Anspruch aus einem Vertrag). Das Gesuch ist vom Kläger zu unterzeichnen und hat fristgerecht zu erfolgen. Ausschlaggebend ist hierbei der Tag der Übergabe an die Post. Das Schlichtungsgesuch kann aber auch mündlich durch persönliche Vorsprache bei der Schlichtungsbehörde gestellt werden.

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Frist zur Einbringung der Klage

Wurde eine Klagebewilligung erteilt, hat die klagende Partei in der Regel 3 Monate lang Zeit, die Klage beim zuständigen Gericht einzureichen. Handelt es sich beispielsweise um Rechtsstreitigkeiten wegen Miete oder Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen bzw. landwirtschaftlicher Pacht ist die Klage innert 30 Tagen einzureichen. Die Antragstellung erfolgt ähnlich wie beim Schlichtungsgesuch. Zusätzlich ist die Klagebewilligung beizufügen und gegebenenfalls der Streitwert zu nennen. Es sollten auch Beweismittel aufgeführt werden.

Das Rechtsbegehren hat bindende Wirkung

Bei der Nennung des Rechtsbegehrens ist zu beachten, dass das Gericht an dieses gebunden ist und dem Kläger nicht mehr zusprechen darf, als er fordert. Ausserdem darf das Gericht dem Kläger nicht weniger zusprechen, als die beklagte Partei dem Kläger zugesteht.

Wurde die Klage beim Gericht eingereicht, hat die klagende Partei diese bis zur Entscheidung des Gerichts fortzuführen. Wird die Klage zurückgezogen, kann diese nicht erneut in die Wege geleitet werden („res iudicata“).

Ablauf Zivilprozess

Der Ablauf eines Zivilprozesses ist durch das Zivilprozessrecht geregelt. Das Zivilprozessrecht befasst sich mitunter auch mit der Zuständigkeit der Gerichte, dem Verhalten der Prozessbeteiligten und den Weisungen für die gerichtliche Entscheidung. Zu beachten ist, dass dem Zivilprozess in der Regel ein Schlichtungsverfahren vorauszugehen hat. Der genaue Ablauf eines Zivilprozesses kann variieren. Generell gliedert er sich jedoch in die folgenden Schritte:

  • Einleitung des Zivilprozesses: Nachdem die Klage eingereicht wurde, nimmt das Gericht eine Prüfung der Prozessvoraussetzungen vor und fordert die klagende Partei auf, einen Kostenvorschuss zu leisten. Wurde dieser fristgerecht bezahlt, wird die Klageschrift an die beklagte Partei übermittelt. Die beklagte Partei kann anschliessend Stellung nehmen.
  • Hauptverfahren: Die Parteien werden zur Verhandlung vorgeladen. In der Verhandlung wird das Rechtsbegehren vom Kläger vorgestellt und die Parteien tragen ihre Sichtweisen vor. Beispiel: Der Kläger behauptet, einen Kaufvertrag mit dem Beklagten abgeschlossen zu haben, der ihm eine Garantie von 4 Jahren gewährt. Die Ware war bereits nach 2 Jahren nicht mehr funktionsfähig, der Beklagte kam seiner Garantiepflicht jedoch nicht nach. Der Kläger möchte, dass das Gericht ihn zur Erfüllung der Garantie laut Vertrag verpflichtet, er fordert zudem Schadenersatz. Der Beklagte entgegnet, der Kläger hätte die Ware selbst beschädigt, es bestehe daher weder Anspruch auf Garantie noch auf Schadenersatz.
  • Beweisverfahren: Nach Anhörung der Parteien werden die Behauptungen überprüft und das Gericht nimmt die Beweise ab. Um beim obigen Beispiel zu bleiben, könnte der Kläger nun ein Gutachten vorlegen, um nachzuweisen, dass die Schäden nicht selbst verursacht wurden. Anschliessend kann jede Partei noch einmal ein Schlussplädoyer halten. In den Schlussplädoyers können die Parteien auf die vorgetragenen Beweismittel eingehen und noch einmal Argumente zu ihren Gunsten einbringen.
  • Entscheid: Daraufhin fällt das Gericht eine Entscheidung. Die Parteien erhalten diese in der Regel schriftlich. Möchte eine der Parteien den Entscheid anfechten, muss sie vom Gericht eine Begründung anfordern. Anschliessend kann sie innert der entsprechenden Frist Rechtsmittel einlegen.
Wie lange dauert ein Zivilprozess?

Wie lange ein Zivilprozess dauert, hängt von mehreren Faktoren ab. Vor allem spielt dabei die Komplexität des Falles eine Rolle, doch auch die Auslastung des Gerichts kann die Dauer beeinflussen. Als Richtwert kann jedoch mit einer Dauer von 6 bis 12 Monaten gerechnet werden. Bei starker Auslastung des Gerichts oder komplexen Fällen kann ein Zivilprozess aber auch über 12 Monate dauern.

Kosten für einen Zivilprozess

Die Kosten für einen Zivilprozess können je nach Kanton unterschiedlich sein und auch von Fall zu Fall variieren. Generell richtet sich die Höhe der Prozesskosten nach dem Streitwert. Der Streitwert richtet sich nach dem Geldbetrag, der eingeklagt wird. Handelt es sich beispielsweise um eine Forderung aus einem Kaufvertrag in der Höhe von 8.000 Franken, würden die Gerichtskosten im Kanton Zürich 1.500 Franken betragen. Wenn keine bestimmte Geldsumme eingeklagt wird, wird der Streitwert vom Gericht festgelegt.

Hinzu kommen eventuell noch die Kosten für einen Anwalt. Generell sind die Kosten für einen Zivilprozess jedoch von der Partei zu tragen, die im Prozess unterliegt. Das betrifft auch die sogenannte Parteientschädigung. Im Rahmen der Parteientschädigung sind die Anwaltskosten der Gegenpartei (zumindest teilweise) zu übernehmen. Die Partei, die erfolgreich aus dem Zivilprozess hervorgeht, erhält also nicht nur die Prozesskosten, sondern auch die Anwaltskosten von der Gegenpartei zurück. Können Sie sich keinen Anwalt leisten oder den Kostenvorschuss für den Zivilprozess nicht bezahlen können, besteht die Möglichkeit, unentgeltliche Rechtspflege zu beanspruchen.

Wie kann ein Anwalt für Vertragsrecht helfen?

Haben Sie einen Vertrag abgeschlossen und stehen nun vor Schwierigkeiten – sei es, weil Ihr Vertragspartner den dort getroffenen Vereinbarungen nicht nachkommen möchte oder der Vertrag an sich Fragen aufwirft oder unzulässig erscheint – sollten Sie sich an einen Anwalt wenden und mit ihm klären, inwieweit ein Zivilprozess in Ihrem Fall sinnvoll ist. Von einem Rechtsanwalt erhalten Sie eine Auskunft zu den Kosten für einen Zivilprozess und erfahren zudem, wie Ihre Chancen auf ein erfolgreiches Verfahren einzuschätzen sind.

Haben Sie sich dazu entschlossen, den Rechtsweg zu beschreiten, kann Ihnen ein Anwalt mit seinen Kenntnissen im Zivilprozessrecht zur Seite stehen und Sie auf den Prozess vorbereiten. Sie erfahren nicht nur, was auf Sie zukommt, sondern erhalten alle nötigen Informationen, wie etwa: Welches Gericht ist zuständig? Welche Fristen sind zu beachten? Wenn Sie möchten, kann Ihr Rechtsanwalt für Vertragsrecht Sie auch bei der Einreichung der Klage unterstützen und das Rechtsbegehren für Sie formulieren. Natürlich kann er Sie auch vor Gericht vertreten. Er wird sich dann dafür einsetzen, dass der Zivilprozess erfolgreich für Sie ausgeht.

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FAQ: Zivilprozess

In einem Zivilprozess werden generell privatrechtliche Streitigkeiten entschieden. Dabei kann es sich zum Beispiel um Fälle handeln, die auf die Durchsetzung vertraglicher Vereinbarungen (wie etwa Garantieansprüche im Kaufvertrag) abzielen. Auch Fragen bezüglich der Auslegung eines Vertrages oder der Zulässigkeit einzelner Vertragsklauseln bzw. des gesamten Vertrages können in einem Zivilprozess behandelt werden.

In der Regel ist zunächst ein Schlichtungsverfahren zu durchlaufen. Kann dort keine Einigung herbeigeführt werden, ist die Klage fristgerecht beim zuständigen Gericht einzureichen. Wurde der Kostenvorschuss bezahlt, werden die Parteien zur Hauptverhandlung geladen, in welcher der Kläger sein Rechtsbegehren formuliert. Beide Parteien schildern, wie sich die Situation aus ihrer Sicht darstellt. Anschliessend können die Parteien dem Gericht dies anhand von Beweisen glaubhaft machen. Darauf folgen die Schlussplädoyers des Klägers und des Beklagten. Das Gericht trifft dann eine Entscheidung, die jedoch noch von den Parteien angefochten werden kann.

Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert und können von Kanton zu Kanton variieren. Der Streitwert ergibt sich aus der Geldsumme, die eingeklagt wird bzw. wird vom Gericht festgelegt, wenn es sich nicht um eine bestimmte Geldsumme handelt. Soll beispielsweise eine Geldsumme von 8.000 Franken eingeklagt werden, würde ein solcher Prozess im Kanton Zürich 1.500 Franken kosten. Zusätzlich können auch Kosten für eine juristische Unterstützung anfallen, die jedoch im Rahmen der Parteientschädigung von der im Prozess unterliegenden Partei zurückerstattet werden. Auch die Gerichtskosten sind von der unterliegenden Partei zu tragen.

Ein Beitrag der Vertragsrecht-Redaktion
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