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Treuhandvertrag § Rechtslage, Inhalte & Treuhandvereinbarung

Es gibt zahlreiche Konstellationen, in welchen der Treuhandvertrag rechtlich relevant ist. In diesem Beitrag erfahren Sie, was ein Treuhandvertrag ist, wie sich die Rechtslage gestaltet, welche Formvorschriften und Inhalte für Treuhandverträge gelten und wie sich Treuhandvereinbarung, Arbeitsvertrag und Werkvertrag unterscheiden. Ausserdem wird geklärt, welche Kosten durch die Treuhandschaft anfallen können und welche Grundsätze bei der steuerrechtlichen Behandlung solcher Vereinbarungen gelten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Treuhandvertrag?

Bei einem Treuhandvertrag handelt es sich um eine Vereinbarung zur Begründung einer Treuhandschaft. Eine Treuhandschaft liegt vor, wenn ein Vermögenswert oder ein Recht durch den Inhaber (Treugeber) an einen Dritten (Treuhänder) übertragen wird.

Zwingende Bedingung ist, dass der Treuhänder dieses erworbene Treugut nicht eigennützig nutzt, sondern im Interesse des Treugebers handelt. Treuhandverträge regeln deshalb die Rechte und Pflichten von Treugeber und Treuhänder im Innenverhältnis. Bei Angelegenheiten, die das Treugut betreffen, tritt der Treuhänder im Aussenverhältnis auf und handelt für den Treugeber, ohne dass dieser direkt in das Geschäfts involviert wird.

  • Treugeber: übergibt ein Treugut zur Verwaltung (beispielsweise Aktien, Konten oder Gesellschaftsanteile)
  • Treuhänder: muss das Treugut vertragsgemäss verwalten und Geschäfte besorgen

Die Treuhandschaft tritt in der Praxis in unterschiedlichsten Formen auf. Es gibt keine einheitliche Definition, da die Aufgaben individuell durch den Treuhandvertrag zu bestimmen sind. Typische Aufgaben des Treuhänders können sein: Lohnabrechnungen, Buchführung, Erstellung von Jahresabschlüssen, Steueroptimierung und vieles mehr.

Rechtslage und Gesetze für Treuhandverträge

Das Schweizerische Obligationenrecht (OR) kennt keinen speziellen Treuhandvertrag. Nach herrschender Meinung entsteht ein solches Treuhandverhältnis nach den Vorschriften, die für Aufträge gelten. Die Normen finden Sie in den Art. 394 ff. OR. Zusätzlich gelten die Bestimmungen aus dem “Merkblatt Treuhandverhältnisse”. Aus diesem ergeben sich konkrete Rechte und Pflichten. Das Merkblatt ist keine Bestimmung in Form eines Gesetzes, sondern wurde von der eidgenössischen Steuerverwaltung als Leitfaden publiziert. Weiterhin sind die Regelungen aus dem Geldwäschegesetz zu beachten.

Beispiel für eine Treuhandvereinbarung in der Praxis

A ist Teilhaber der A Aktiengesellschaft und hält 50 Prozent der Anteile. Da A wenig Zeit hat, möchte er diese Anteile (Treugut) an B übergeben, der insbesondere die Stimmrechte im Interesse des A stellvertretend wahrnimmt. Deshalb schliessen A und B einen Treuhandvertrag und die Anteile der AG werden an B übertragen. Der Vertrag bestimmt, wie B mit den Anteilen und den damit verbundenen Rechten zu verfahren hat. Im Gegenzug wird vereinbart, dass B eine Treuhandkommission in Höhe von X CHF zukommen soll.

Neben solchen Fallgruppen gibt es unzählige andere Anwendungsbereiche. So könnte als Treugut ebenfalls ein Konto bzw. Vermögen übertragen werden, mit welchem der Treuhänder solche Geschäfts besorgen soll, die schlussendlich zu einer verringerten Steuerlast führen.

Treuhandvertrag Inhalte und Formvorschriften

Das Auftragsrecht sieht keine besonderen Formvorschriften vor, sodass ein Treuhandvertrag mündlich geschlossen werden könnte. Dem ist tatsächlich nicht so, da das “Merkblatt Treuhandverhältnisse” vorschreibt, dass der Treuhandschaft ein schriftlicher Treuhandvertrag zugrunde liegen muss. Ohne einen der Schriftlichkeit entsprechenden Vertrag drohen steuerrechtliche Konsequenzen.

Wie Treuhandverträge inhaltlich gestaltet werden, ist abhängig vom Einzelfall. Es gilt, dass der Inhalt so präzise bestimmt werden sollte, wie es nur irgendwie möglich ist. Ausserdem sieht das Merkblatt bei bestimmten Arten von Treugütern vor, dass zusätzliche Anforderungen eingehalten und Angaben gemacht werden müssen. Diese Sonderregelungen gelten zum Beispiel dann, wenn das Treugut aus Wertschriften, Beteiligungen oder Guthaben besteht oder eine Liegenschaft ist. Inhalte, die jedoch stets im Treuhandverhältnis bestimmt sein müssen, sind:

  • Umfassende Daten von Treuhänder und Treugeber – Beauftragte eines Treugebers zu nennen genügt nicht.
  • Bestimmung des Treuguts, Herausgabepflicht und Änderungen des Treuguts
  • Regelungen im Innenverhältnis: Zweck und Umfang des Auftrags (Interessen)
  • Gegenseitige Informationspflichten und Nachweise
  • Honorar, Kosten und Haftung
  • Geheimhaltung, ausser bei gesetzlicher Auskunftspflicht
  • Verfahren bei Streitigkeiten, Rechtswahl und Gerichtsstand
  • Rückabwicklung bei Kündigung des Auftrags
Treuhandverhältnis steuerliche Behandlung:

Die steuerrechtliche Einordnung der Treuhandschaft ist in vielen Fällen komplex und es gibt kaum einheitliche Regelungen. Was Treuhandverhältnis steuerliche Behandlung angeht, ist sicher, dass der Treuhänder keinen Anspruch auf die Rückforderung der von den Erträgen des Treuguts abgezogenen Verrechnungssteuer hat. Kommen Treugut-Erträge aus Ländern, für welche ein Doppelbesteuerungsabkommen gilt, ist es für den Treuhänder nicht zulässig von der Quellensteuerentlastung Gebrauch zu machen.

Besonderheiten des Treuhandverhältnis: Pflichten des Treuhänders

Sie müssen bedenken, dass es sich bei einem Treuhandverhältnis um einen Auftrag handelt. Das bedeutet, dass der Treuhänder keinen bestimmten Erfolg vertraglich schuldet. Das Schuldverhältnis verpflichtet ihn lediglich zur sorgfältigen Ausübung bzw. Verwaltung des Treuguts. Werden Buchhaltungsabschlüsse nicht fristgerecht eingereicht, kommen Steuerforderungen auf das Unternehmen zu. Da aber kein konkreter Erfolg geschuldet wurde, wäre eine eine Schadenersatzpflicht des Treuhänders nur dann anzunehmen, wenn die Frist auf Grund fehlender Sorgfalt oder Fahrlässigkeit nicht eingehalten wurde.

Abgrenzung zu anderen Vertragsformen:

Je nach Auftrag und Treugut gibt es unterschiedliche Vertragsformen, die zwar ähnlich einem Treuhandverhältnis wirken, aber rechtlich völlig anderer Natur sind. In diesen Fällen muss bestimmt werden, welche Vertragsform im konkreten Fall vorgelegen hat. Danach kann erst ermittelt werden, welche Ansprüche oder Rechtsfolgen einschlägig sein könnten. Besonders relevant ist die Abgrenzung von Treuhandverträgen zu einem Arbeitsvertrag oder Werkvertrag:

Treuhandvertrag und Arbeitsvertrag

Bei einem Arbeitsvertrag ist der Arbeitnehmer vollständig in die Organisation des Arbeitgebers eingebunden. Der Arbeitgeber ist weisungsbefugt. Liegt ein Treuhandvertrag vor untersteht der Treuhänder nur einer eingeschränkten Weisungsbefugnis – welche im Vertrag bestimmt wird. Der Treuhänder ist kein fester Bestandteil der Organisation (z.B. Firma) des Treugebers.

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Treuhandvertrag und Werkvertrag

Wird ein Werkvertrag geschlossen, so schuldet der Auftragnehmer die Herstellung eines bestimmten Werkes – also einen konkreten Erfolg. Das sorgfältige Bemühen, den Erfolg herbeizuführen, ist alleine nicht ausreichend, um Erfüllung zu bewirken. Durch ein Treuhandverhältnis verpflichtet sich der Treuhänder gegenüber dem Treugeber zu vertragsgemässen Besorgung oder Verwaltung des Treuguts. Liegt diese vor und es ist kein Mangel an Sorgfalt ersichtlich, tritt die Erfüllung auch dann ein, wenn ein bestimmtes Ergebnis nicht erreicht wird.

Welche Kosten entstehen durch Treuhandverträge?

Durch den Abschluss eines Treuhandvertrages entstehen grundsätzlich keine direkten Kosten. Treuhänder sind von sich aus bereits verpflichtet einen Treuhandvertrag abzuschliessen und verfügen dementsprechend bereits über die notwendigen Vertragsdokumente. Bei hochwertigen und komplexen Treuhandvereinbarungen ist es ratsam, den Vertrag von einem kompetenten Anwalt für Vertragsrecht prüfen zu lassen. Je nach Aufwand entstehen für diese Prüfung Kosten.

Das Bestehen der Treuhandvereinbarung verursacht laufende Kosten, da der Treuhänder einen Anspruch auf die Treuhandkommission hat. Wie hoch diese “Entschädigung” ausfällt, hängt von Aufwand und Treugut Art ab. Das “Merkblatt Treuhandverhältnisse” bestimmt mindestens zu leistende Entschädigungen. 

Allgemein gilt: “Der Treuhänder soll vom Treugeber eine Entschädigung (Treuhandkommission) erhalten, die den für derartige Dienstleistungen handelsüblichen Ansätzen entspricht. Erfahrungsgemäss richtet sie sich nach dem Umfang der vom Treuhänder zu leistenden Dienste. Der Satz der Kommission und die Berechnungsgrundlage können daher verschieden sein, je nach Art, Bedeutung und Standort des Treugutes. Die Bedingungen der Treuhandentschädigung sind im Vertrag genau festzuhalten.” Bei Wertschriften, Beteiligungen, Guthaben oder Liegenschaften als Treugut soll das Honorar jegliche Auslagen decken und mindestens diesen Nettoertrag sichern:

  • 0,2 % auf die ersten 10.000.000 CHF (oder Bruchteile)
  • 0,15 % auf weitere 10.000.000 CHF (oder Bruchteile)
  • 0,1 % auf den 20.000.000 übersteigenden Wert

Wie kann ein Anwalt helfen?

Ein Treuhandvertrag verleiht einem Dritten umfassende Befugnisse über hochwertige Treugüter und muss dementsprechend rechtlich einwandfrei ausgestaltet sein. Bei Fehlern in der Treuhandverwaltung können schnell immense Schäden entstehen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei Problemen oder Streitigkeiten von Beginn an auf die Unterstützung eines fachkundigen Anwalts zu setzen. Dieser kann den Treuhandvertrag prüfen, Änderungen vorschlagen, Verhandlungen begleiten und durch die Auslegung der Bestimmungen die Rechtslage (Rechte und Pflichten bzw. ggf. Verletzungen dieser) ermitteln. 

Gemeinsam mit Ihrem Anwalt für Vertragsrecht können Sie Ansprüche ermitteln, Streitigkeiten gerichtlich oder aussergerichtlich beilegen oder die Kündigung der Treuhandvereinbarungen erklären. Weiterhin erhalten Sie Informationen über das umfangreiche Thema: Treuhandverhältnis steuerliche Behandlung. Wenn Sie beabsichtigen einen Treuhandvertrag abzuschliessen oder diesem Bereich angehörende Fragen, Unklarheiten oder Probleme haben, empfehlen wir Ihnen unsere praktische Anwalts-Suchfunktion. Mit dieser finden Sie schnell und einfach kompetente Rechtsanwälte in Ihrer Nähe. Vereinbaren Sie heute kostenlos Ihren unverbindlichen Beratungstermin.

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FAQ: Treuhandvertrag

Grundsätzlich kann das Treuhandverhältnis jederzeit beendet werden. Gemäss Art. 404 ZGB gilt bei einem Auftrag, dass jederzeit und ohne Einhaltung einer gesetzlichen Frist gekündigt werden kann. Häufig werden jedoch im Treuhandvertrag bestimmte Kündigungsfrist normiert. Diese Sonderbestimmungen haben Vorrang, sodass die vertraglichen Fristen gelten und eingehalten werden müssen.
In der Schweiz ist Treuhänder eine Berufsbezeichnung, die immer dann genutzt werden kann, wenn ein der Treuhänder stellvertretend für den Auftraggeber (Treugeber) dessen Interessen wahrnimmt (Treuhand). Typische Tätigkeiten ergeben sich als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Buchhalter und ähnlichen Berufen. Der Treuhänder unterliegt der Treuhandpflicht, wonach er sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen im Sinne des Treugebers zu handeln hat. Der genaue Tätigkeitsbereich wird im Treuhandvertrag bestimmt – zum Beispiel: Buchführung, Steueroptimierung, Buchprüfung, Steuererklärung, Vermögensverwaltung und so weiter.
Das Honorar für den Treuhänder – auch Treuhandkommission genannt – wird auf Basis der Schwierigkeit des Auftrages und der aufgewendeten Zeit bestimmt. Wie hoch das Honorar bzw. die Vergütung tatsächlich ausfällt, wird im Treuhandvertrag festgelegt. Im Normalfall erfolgt die Abrechnung pro Jahr. Pauschalen sowie nach dem Wert des Treuguts bestimmte Vergütungsformen sind zulässig.
Ein Beitrag unserer  Online-Redaktion
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