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Bürgschaft § Arten, Beendigung & Rechtsfolgen

Die Bürgschaft ist ein komplexes Konstrukt mit weitreichenden Folgen. Deshalb ist es wichtig, zu wissen, worauf Sie sich einlassen. In diesem Beitrag erfahren Sie, was eine Bürgschaft ist, welche Bestimmungen bezüglich Form und Inhalt gelten und welche Arten es gibt – von der einfachen über die Ausfall oder selbstschuldnerische bis hin zur Vorauszahlungsbürgschaft. Ausserdem wird geklärt, welche Kosten es gibt und wann die Bürgschaftserklärung nicht mehr wirksam ist.
Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlage für eine Bürgschaft

Die Bürgschaft ist im Schweizer Zivilrecht in den Artikeln 492 bis 512 OR geregelt. Da es sich um einen Vertrag handelt, finden sich die entsprechenden Normen im sogenannten Obligationenrecht. Die Voraussetzungen der Bürgschaft können Sie in Art. 492 bis 494 OR nachschlagen.

Der Inhalt des Bürgschaftsvertrages wird in Art. 495 bis 508 OR konkretisiert. Die Beendigung der Bürgschaft richtet sich nach Art. 509 bis 512 OR. Zusätzlich zu den gesetzlichen Grundlagen können auch individuelle Absprachen bei der Beurteilung der Rechtslage eine Rolle spielen.

Definition der Bürgschaft

Die Bürgschaft ist ein einseitig verpflichtender Vertrag und damit ein Teil des Zivilrechts. Sie ist ein sogenanntes Sicherheitsmittel für den Gläubiger einer Forderung. Alternativen zur Bürgschaft sind der Eigentumsvorbehalt oder die Sicherungsübereignung. In der Rechtspraxis sind Bürgschaften vergleichsweise häufig anzutreffen. Meist wird eine Bürgschaft als Sicherheit für ein Bankdarlehen oder für einen Mietvertrag vereinbart. Allgemein verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger für die Schulden des Schuldners einzustehen.

Was kompliziert klingt, lässt sich mit einem einfachen Beispiel leicht verstehen:
Der A leiht sich von B 100.000 CHF. Dadurch entsteht ein Schuldverhältnis zwischen A und B. Um den Gläubiger (B) abzusichern, tritt C hinzu, der in einem Bürgschaftsvertrag erklärt, dass er die Schulden des A übernimmt, wenn dieser an B nicht leisten kann. Der Bürgschaftsvertrag besteht zwischen Bürge und Gläubiger. Im Leistungsfall muss der Bürge an den Hauptschuldner leisten, der die Schuld dann begleichen muss. B bekommt also sein Geld zurück – auch wenn A selbst nicht leisten kann.

Arten von Bürgschaften

Mit der Zeit haben sich unterschiedliche Arten von Bürgschaften etabliert, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Bei der rechtlichen Bewertung von Haftungsfragen ist es wichtig, zwischen den Arten von Bürgschaften zu unterscheiden. Die Rechtsfolgen und Haftungsbestimmungen richten sich nämlich massgeblich nach der Form, die das Schuldverhältnis absichern soll. In der Praxis werden zumeist die folgenden Bürgschaften vereinbart:

Einfache Bürgschaft

  • Es entsteht eine subsidiäre Haftung des Bürgen.
  • Diese Art von Bürgschaft wird unter anderem verwendet wenn jemand für das Darlehen bürgt, das von einer Organisation oder Person aufgenommen wurde.
  • Der Bürge muss erst leisten, wenn der Schuldner Konkurs eröffnet hat oder eine Nachlassstundung bewilligt worden ist.
    Andernfalls ist eine Haftung nur dann vorgesehen, wenn der Gläubiger einen Verlustschein erwirkt hat.

Ausfallbürgschaft

  • Der Bürge muss nur für den definitiven Verlust aufkommen.
  • Um diesen zu bestimmen, muss der Gläubiger einen Verlustschein vorlegen.
  • Ein Verlustschein ist eine Bescheinigung, die dem Gläubiger bestätigt, dass er durch ein Vollstreckungsverfahren definitiv einen Verlust erleiden musste.

Solidarbürgschaft

  • Durch eine Solidarbürgschaft (auch selbstschuldnerische Bürgschaft genannt) verpflichtet sich der Bürge solidarisch mit dem Hauptschuldner zur Begleichung der Schuld.
  • Der Bürge kann sofort in die Haftung genommen werden kann, wenn der Schuldner in Rückstand gerät und erfolglos gemahnt wurde.
    Alternativ muss auch dann gehaftet werden, wenn der Schuldner offenkundig zahlungsunfähig ist (Art. 496 Abs. 2 OR).

Nachbürgschaft

  • Der “Nachbürge” haftet nicht für den Hauptschuldner.
  • Der Bürge sichert die (Vor-)Bürgschaft ab und muss erst dann leisten, wenn der “erste Bürge” trotz bestehender Verpflichtung nicht leisten kann. Das gilt jedoch nur dann, wenn die Nachbürgschaft keine Solidarbürgschaft darstellt. In diesen Fällen haftet der Nachbürge gemeinsam mit dem ersten Bürgen. Durch eine Nachbürgschaft wird das Schuldverhältnis also doppelt abgesichert.

Mitbürgschaft

  • Mehrere Bürgen haften für die Schuld eines Dritten.
  • Bei der einfachen Mitbürgschaft haften die Bürgen vollständig für ihren Anteil an der Hauptschuld und subsidiär für die restlichen Anteile.
  • Bei der solidarischen Mitbürgschaft haftet jeder Bürge selbst vollständig für die Gesamtschuld. Durch diese rechtlichen Feinheiten können komplexe Strukturen entstehen, bei welchen die Ansprüche im Haftungsfall dezidiert ermittelt werden müssen.
Sonderfall der Mitbürgschaft: Nebenbürgschaft

Wenn die Bürgen voneinander wissen, spricht man von einer gemeinsamen Mitbürgschaft. Wissen sie jedoch nichts voneinander, entsteht eine sogenannte Nebenbürgschaft. Dadurch, dass die Nebenbürgen unabhängig die Bürgschaft erklärt haben, haften sie jeweils für die gesamte Forderung - je nach Vereinbarung einfach oder solidarisch. Nach Art. 497 Abs. 4 OR steht jedem Nebenbürgen ein anteilsmässiger Regress zu.

Vorauszahlungsbürgschaft

  • Die Vorauszahlungsbürgschaft ist vor allem im Handwerk bzw. Bau verbreitet.
  • Sie soll den Auftraggeber vor einer Insolvenz des Auftragnehmers schützen.
  • Etwaige Vorauszahlungen werden so abgesichert, dass sie im Fall eines Konkurs an den Schuldner zurückgezahlt werden können. Sollten Sie beispielsweise 20.000 CHF Anzahlung leisten, der Bauunternehmer Konkurs anmelden, dann sorgt der Bürge dafür, dass Sie Ihr Geld – trotz Konkurs – zurückerhalten.
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Form und Inhalt einer Bürgschaft

Der Gesetzgeber trifft eindeutige Regelungen, was Form und Inhalt einer Bürgschaft angeht. Nach Art. 493 OR muss stets eine schriftliche Urkunde ausgestellt werden. Mündliche oder konkludente Vereinbarungen sind nicht vorgesehen. Sofern der Betrag, der durch den Bürgen gesichert werden soll, die 2.000 CHF überschreitet, muss eine öffentliche Beurkundung durch eine Urkundsperson erfolgen (z.B. Notar).

Diese Regel gilt jedoch nur dann, wenn der Bürge eine natürliche Person ist. Bei juristischen Personen – beispielsweise Firmen – reicht die “normale” Schriftlichkeit aus. Sollten Sie verheiratet sein und Bürge werden wollen, muss Ihr Ehepartner der Bürgschaft zustimmen (siehe Art. 494 OR). Damit eine Bürgschaft wirksam entstehen kann, müssen bestimmte Vertragsinhalte eindeutig bestimmt worden sein. Diese wesentlichen Vertragspunkte sind Grundvoraussetzung dafür, dass der Bürgschaftsvertrag die gewünschte Rechtswirkung entfaltet. Typischerweise muss die Urkunde folgende Inhalte enthalten:

  • Vertragsparteien: Hauptschuldner, Gläubiger und Bürge
  • Betrag, bis zu dem der Bürge haften möchte
  • Unterschriften aller Parteien inkl. Datum
  • Konkretisierung über Art und Form der Bürgschaft
  • Sonstige rechtliche Hinweise und individuelle Bestimmungen

Beendigung der Bürgschaft

Da die Bürgschaft an das Schuldverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger geknüpft ist, erlischt sie im Normalfall dann, wenn das zu sichernde Verhältnis nicht mehr besteht. Nach Art. 509 OR erlischt die Bürgschaftserklärung durch die Erfüllung der Hauptforderung. Also dann, wenn der A – aus dem einleitenden Beispiel – die 100.000 CHF an den B zurückgezahlt hat. Dann gibt es keine Forderung mehr, für die C bürgen muss. 

Art. 510 OR sagt, dass der Bürge für eine zukünftige Forderung von dem Vertrag zurücktreten kann, wenn sich die finanziellen Umstände des Schuldners stark geändert haben. Wenn die Hauptforderung fällig wird, kann der Bürge vom Gläubiger verlangen, dass die Verwertung von Pfändern eingeleitet wird. Ausserdem muss der Gläubiger die Forderung über den Gerichtsweg unverzüglich geltend machen. Versäumt der Gläubiger dies, hat er keinen Anspruch gegen den Bürgen.

Kosten einer Bürgschaft

Im ersten Moment entstehen für die Übernahme einer Bürgschaft keine Kosten. Trotzdem sollten Sie genauestens abwägen, ob Sie für ein bestimmtes Schuldverhältnis bürgen möchten oder nicht. Bei Haftungssummen über 2.000 CHF muss die Bürgschaftserklärung öffentlich beurkundet werden. Die Vergütung des Notars richtet sich nach der kantonalen Gebührenordnung. Diese Bürgschaft Kosten entstehen jedoch nur dann, wenn der Bürge eine natürliche Person ist. Zusätzlich können Kosten für eine anwaltliche Beratung anfallen – diese stellen jedoch regelmässig eine sinnvolle Investition dar!

Wie kann ein Anwalt beim Thema Bürgschaft helfen?

Eine Bürgschaft wird zumeist aufgenommen, um Verwandten oder Freunden zu helfen. Voreilig wird angenommen, dass der Haftungsfall nicht eintritt. Streitigkeiten entstehen regelmässig dann, wenn der Schuldner tatsächlich nicht leisten kann. In dieser Situation macht es Sinn, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen. Ihr Anwalt für Vertragsrecht prüft die Rechtslage und ermittelt die Ansprüche der Parteien. So könnten Ihnen beispielsweise die Kosten für die Nichterfüllung auferlegt werden. Prozesskosten jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Eine rechtlich einwandfrei formulierte Bürgschaftserklärung bildet die Grundlage für eine faire und von allen Parteien gewollte Rechtslage. Deshalb macht es – schon an dieser Stelle – Sinn, einen Anwalt einzuschalten. So können Streitigkeiten im Voraus verhindert werden. Muster und Vorlagen für Bürgschaften sollten nie ungeprüft übernommen werden. Wenn Sie nach einem kompetenten Anwalt für Vertragsrecht suchen, empfehlen wir Ihnen unsere praktische Anwalts-Suchfunktion. Mit dieser finden Sie schnell und einfach Anwälte in Ihrer Nähe. Rufen Sie noch heute kostenlos an und vereinbaren Sie Ihren unverbindlichen Beratungstermin – damit die Bürgschaft für Sicherheit statt Unsicherheit sorgt!

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FAQ: Bürgschaft

Eine Bürgschaft ist im Regelfall verbindlich und erlischt dann, wenn die Hauptforderung durch den Schuldner geleistet wurde. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Bürge von der Bürgschaft zurücktreten. Bei Dauerschuldverhältnissen – beispielsweise einem Mietvertrag – besteht die Bürgschaft so lange, wie der Vertrag wirksam ist. Ist der Mietvertrag gekündigt, endet die Bürgschaft.
Der Bürge muss bei einer Leistungsstörung regelmässig bis zu der Summe haften, die in der Bürgschaftserklärung angegeben wurde. Neben der vertraglichen Leistung kann der Bürge für Zinsen oder gesetzliche Folgen der Nichterfüllung haftbar gemacht werden. Vertragsstrafen sind von dieser Haftung ausgenommen. In Einzelfällen ist es möglich, dass der Bürge auch für Prozesskosten aufkommen muss.
Eine Bürgschaft ist stets an ein zu sicherndes Hauptschuldverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger geknüpft. Grundsätzlich kann jede Forderung durch eine Bürgschaft abgesichert werden. Beispiele sind Bankdarlehen, Privatdarlehen, ein Mietvertrag oder ähnliche Obligationen. Je nach Schuldverhältnis, Ausfallgefahr und Haftungsbereitschaft muss eine individuelle Bürgschaftsurkunde ausgearbeitet werden.
Ein Beitrag der Vertragsrecht-Redaktion
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